Religiöse Minderheiten im Irak: Wie geht es ihnen?

Wie geht es den religiösen Minderheiten im Irak?

Religiöse Minderheiten im Irak, vor allem Christen und Jesiden, sind in einer dramatischen Lage. Diese Bevölkerungsgruppen prägten über Jahrhunderte, lange vor dem Islam, die Kultur des Irak. Nun drohen sie auszusterben. 2003 waren noch 1,4 Millionen Iraker, also 3 % der irakischen Bevölkerung, Christen. Jetzt sind es nur noch 250.000, nicht einmal mehr 1%. Daneben gibt es etwa 500.000 Jesiden. Sie haben mit unterschiedlichen Formen staatlicher Diskriminierung und Ausgrenzung zu kämpfen.

Religiöse Minderheiten werden diskriminiert

Diskriminierung und Ausgrenzung geschieht schon auf der Ebene der Bildung. In den Lehrbüchern der Schulen und Universitäten werden religiöse Minderheiten, die für die irakische Kultur sehr bedeutsam sind, kaum oder gar nicht erwähnt. Irakische Schüler und Studenten bekommen durch die Vermittlung im Unterricht kein Bewusstsein für den Wert der kulturellen Vielfalt ihres Landes, geschweige denn, warum es sich lohnt, sie zu erhalten.

Auch Gesetze zu religiösen und ethnischen Fragen tragen dazu bei, den Minderheiten das Leben zu erschweren. Wenn in Familien ein Elternteil zum Islam konvertiert, werden automatisch alle Familienmitglieder offiziell zu Muslimen. Sie haben keine Möglichkeit, ihren religiösen Status zu ändern.

Schlechte Sicherheitslage und fehlende Zukunftsperspektive

Häufig kommt es zu Diskriminierungen der religiösen Minderheiten im Alltag durch schiitische Milizen wie der Hashd Al-Shaabi. Diese sind vor allem in der Ninive Ebene an Kontrollposten aktiv und werden teilweise von iranischen Parteien finanziert. In der Region Sinjar konkurrieren die irakische Armee, schiitische Milizen, kurdische Peschmerga, kurdische PKK, jesidische Milizen und IS-Zellen um die Vorherrschaft, was die Sicherheitslage sehr instabil macht. Alles Gründe dafür, dass viele vertriebene Christen und Jesiden nicht in ihre Heimatorte zurückkehren wollen, auch wenn die materiellen Voraussetzungen gegeben sind und neue Häuser und Starthilfe vorhanden wären. Grund dafür sind die schlechte Sicherheitslage und fehlende Zukunftsperspektive.

Aufgrund dieser Einschränkungen, Diskriminierung und Mangel an Perspektive fliehen viele weiterhin entweder ins Ausland, vor allem nach Europa, oder suchen im kurdischen Teil des Irak Sicherheit. Immer noch leben 260.000, also über die Hälfte der irakischen Jesiden, als Flüchtlinge in Zeltlagern im kurdischen Teil des Irak.

Die Rechte der religiösen Minderheiten müssen mehr berücksichtigt werden

Um die Lage der religiösen Minderheiten zu verbessern, ist es notwendig, dass die westlichen Staaten, auch die deutsche Bundesregierung, Druck auf die irakische Regierung ausüben, damit sie sich für die Belange ihrer Minderheiten einsetzt. Emanuel Youkhana, Gründer und Exekutivdirektor des irakischen Hilfswerks CAPNI, bemängelt, dass dies derzeit leider nicht auf der Agenda der irakischen Regierung steht. „Deshalb fühlen wir uns ausgegrenzt, wie Ausländer in unserer Heimat. Wir sind in unserem Heimatland, aber wir haben das Gefühl, dass wir nicht als Bürger betrachtet werden. Es gibt Diskriminierung auf verfassungsrechtlicher Ebene, auf gesetzlicher Ebene und im alltäglichen Leben.“ Das hat zur Folge, dass die uralten christlichen Siedlungsgebiete zunehmend unwiederbringlich verloren gehen. Youkhana: „In vielen christlichen Orten haben seit acht Jahren keine Weihnachtsglocken mehr geläutet!“

Er bittet die politischen Entscheidungsträger in Deutschland und der Europäische Union inständig, dass sie Druck auf die irakische Regierung ausüben. Die seit Jahrhunderten prägende christliche Kultur in diesen Gebieten darf nicht verloren gehen. Die Rechte der religiösen Minderheiten müssen berücksichtigt werden. Nur dann können Wege gefunden werden, um die Wunden der Vertreibung zu heilen und eine Perspektive für das friedliche Zusammenleben alle Volksgruppen zu schaffen.

Wir setzen uns für eine lebenswerte Zukunft ein

Religiöse Minderheiten im Irak befinden sich in einer schwierigen Lage. Ihre Zukunft ist ungewiss. Die ojcos-stiftung hat sich sich zur Aufgabe gemacht das Schicksal und die Lebensverhältnisse dieser Menschen zu verbessern. Wir setzen uns für den Wiederaufbau politischer und gesellschaftlicher Strukturen im Irak ein. Als Fürsprecher treten wir aktiv an kirchliche und politische Organisationen heran, um für unser Anliegen zu werben.

Sie möchten uns unterstützen? Dann helfen Sie uns mit einer Spende. Weitere Informationen zum Thema Irak finden sie hier.

Weitere Artikel zum Thema
Irak